Die Sache mit dem Lesen.

Veröffentlicht am 16. Dezember 2023 um 18:51

Das faszinierende Abenteuer des Lesens beginnt oft schon in den frühen Jahren, wenn Eltern ihren Kindern Geschichten vorlesen. Ein Ritual, das nicht nur die Fantasie der Kleinen beflügelt, sondern auch eine Liebe zum Lesen vermittelt. Genau das wird uns Eltern in vielen Ratgebern nahegelegt, und auch ich habe bei meinen Kindern genau das gemacht, was allen Eltern ständig empfohlen wird. Wir haben gemeinsam zahlreiche Bücher erkundet – Bilderbücher, Vorlesegeschichten und die kleinen Pixiebücher, die überall mit dabei waren. Jede Woche stöberten wir im Bücherbus nach neuen Schätzen, und meine Kinder kannten manche Texte schon auswendig, sprachen mit und wurden so zu kleinen Bücherwürmern.

 

Doch heute, Jahre später, sind meine beiden Söhne die absoluten Lesemuffel. Trotz meiner eigenen Leidenschaft für Bücher kann ich sie nicht mehr für die Welt der Geschichten gewinnen. Eine Tatsache, die mich immer wieder zum Nachdenken gebracht hat. Aber vielleicht hängt es damit zusammen, dass ab einem bestimmten Zeitpunkt meine Kinder nicht mehr freiwillig gelesen haben sondern lesen MUSSTEN. Und dieser Zeitpunkt war der Eintritt in die Schule. Bereits in der ersten Klasse Volksschule mussten meine beiden Kinder in der Klasse eine Buchvorstellung präsentieren. Diese Buchvorstellungen folgten dann in jedem Semester, waren zwar "freiwillig" aber zählten zur Note. Nun gut, so viel zur Freiwilligkeit!!!

Die Kinder wurden somit mit dem Zwang konfrontiert, Bücher zu lesen – nicht aus Neugier oder Vergnügen, sondern weil sie eine Buchvorstellung für die Klasse vorbereiten mussten. 

Und auch jetzt im Gymnasium müssen die Kinder eine sogenannte Klassenlektüre lesen. Das heißt, die Lehrperson gibt das Buch vor und alle Schüler*innen in der Klasse MÜSSEN ein und dasselbe Buch lesen. Ganz egal, ob es von Interesse ist oder nicht. Die einzelnen Kapitel werden wöchentlich abgeprüft und beurteilt. Das Lesen wird somit zur Pflicht, zum Müssen und wird mit Bewertung verbunden. Die Freude am Lesen bleibt, die Jahre zuvor von den Eltern mitgegeben wurde bleibt leider auf der Strecke. Meine Söhne lesen für die Schule, um nicht zu versagen  und nicht, weil sie Freude daran hat. 

Ist das der richtige Weg, Kinder zum Lesen zu motivieren? Definitiv NEIN! Das Verknüpfen von Lesen mit Zwang und Bewertung bewirkt das genaue Gegenteil. Es stellt sich die Frage, warum Lehrpersonen nicht alternative Wege finden, um Kinder für das Lesen zu begeistern. Warum muss in der Schule jeder Leseschritt mit einer Beurteilung verknüpft sein? Ich bin mir sicher, es gibt viele Lehrer*innen die auf viele unterschiedliche und kreative Wege die Schüler*innen zum Lesen motivieren. Leider haben weder meine eigenen Kinder noch meine Trainingsschüler*innen diese Chance bisher erhalten. 

Das Lesen sollte ein Abenteuer sein, ein Eintauchen in neue Welten, das Vergnügen an der Sprache und die Entfaltung der eigenen Fantasie. Kinder brauchen die Freiheit, Bücher aus Freude zu lesen, ohne den Druck der Bewertung. 

Hier sind ein paar Inspirationen, um das Lesen in der Schule lustvoll zu gestalten:

  1. Buchclubs: Richte in der Klasse einen Buchclub ein, in dem die Schüler gemeinsam ein Buch lesen und darüber diskutieren. Das fördert nicht nur das Leseverständnis, sondern auch den Austausch von Gedanken und Meinungen.

  2. Lesetagebuch: Lass die Schüler ein Lesetagebuch führen, in dem sie ihre Gedanken, Fragen und Reaktionen zu den gelesenen Büchern festhalten. Dies kann auch als Grundlage für Diskussionen dienen.

  3. Autorenbesuche: Organisiere Besuche von Autoren in der Schule. Diese Begegnungen können die Schüler für das Schreiben und Lesen motivieren, wenn sie aus erster Hand von den Erfahrungen des Autors hören.

  4. Literaturkreise: Teile die Klasse in Literaturkreise auf, in denen die Schüler unterschiedliche Bücher zu einem bestimmten Thema lesen. Sie können dann ihre Erkenntnisse in kleinen Gruppen teilen.

  5. Theateraufführungen: Ermutige die Schüler, Szenen aus ihren Lieblingsbüchern nachzustellen oder eigene kurze Theaterstücke basierend auf den Geschichten zu schreiben. Das fördert die Kreativität und das Verständnis für die Handlung.

  6. Lesezeitschrift: Lass die Schüler eine Lesezeitschrift erstellen, in der sie über ihre Lieblingsbücher schreiben, Buchempfehlungen geben und sogar eigene Geschichten veröffentlichen können.

  7. Themenbasiertes Lesen: Integriere das Lesen in themenbasierte Unterrichtseinheiten. Wenn die Schüler ein bestimmtes Thema erforschen, können sie relevante Bücher lesen, um ihr Verständnis zu vertiefen.

  8. Gemeinsames Schreiben: Schreibt als Klasse gemeinsam eine Geschichte oder ein Buch. Jeder Schüler kann einen Abschnitt beitragen, und am Ende haben die Schüler ihr eigenes Buch geschaffen.

  9. Besuche in der Schulbibliothek: Plane regelmäßige Besuche in der Schulbibliothek, um sicherzustellen, dass die Schüler Zugang zu einer Vielzahl von Büchern haben und ihre eigenen Interessen entdecken können.

  10. Kreatives Schreiben: Fördere das kreative Schreiben, indem du den Schülern erlaubst, eigene Geschichten, Gedichte oder sogar Comics zu erstellen. Das stärkt nicht nur ihre Schreibfähigkeiten, sondern auch ihre Vorstellungskraft.

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