Wie viel elterliches Engagement ist gewünscht?

Veröffentlicht am 14. Juni 2025 um 11:13

Es gibt Schulen, die betonen: „Elternarbeit ist uns wichtig.“
Es gibt Lehrer:innen, die sagen: „Wir wünschen uns interessierte Eltern.“ , und weisen auf die im Schulunterrichtsgesetz verankerte Schulpartnerschaft hin.
Und es gibt Eltern, die genau das sein möchten: interessiert, unterstützend, nahbar.

Aber oft bleibt da ein stilles Dazwischen.
Eine Unsicherheit und ein Eindruck, der sich mit der Zeit festsetzt:

Ich darf dabei sein – aber bitte nicht zu sehr.

Fragt man zu viel, wirkt man kritisch. Fragt man zu wenig, scheint es an Interesse zu fehlen. Bringt man sich ein, heißt es schnell: „Die mischt sich überall ein.“ Bleibt man im Hintergrund, wird geraunt: „Die Eltern lassen ihr Kind allein.“

Unterstützt man beim Lernen, beim Organisieren, beim Sortieren von Gedanken, kommt der Vorwurf der Überbehütung oder mütterlichen Fürsorge. Lässt man das Kind eigenständig kämpfen, heißt es: „Das Kind bekommt zu wenig Rückhalt von zu Hause.“


Und wo bleibt die Orientierung?

Eltern möchten begleiten. Sie möchten da sein. Nicht als Kontrollinstanz, sondern als Bezugspunkt. Aber was ist das richtige Maß?
Wieviel Nähe, wieviel Distanz wird gewünscht – nicht von den Kindern, sondern vom Schulsystem?

Manchmal scheint es, als müssten Eltern eine stille Balance meistern, ohne je zu erfahren, wo die Linie verläuft.

Was in einer Klasse willkommen ist, ist in der nächsten störend. Was eine Lehrkraft als wertvolles Mitdenken empfindet,
nimmt die andere als Einmischung wahr.


Was Eltern erleben

Viele Eltern erleben heute Schule nicht mehr nur als Institution, sondern als System, das auch sie mitgestalten wollen – und sollen. Doch das wird oft widersprüchlich kommuniziert:

  • „Eltern sollen Verantwortung übernehmen.“

  • „Aber sie dürfen keine pädagogischen Entscheidungen hinterfragen.“

  • „Wir brauchen Eltern als Partner:innen.“

  • „Aber bitte nicht zu fordernd, nicht zu laut, nicht zu sichtbar.“

Dieses Spannungsfeld schafft Unsicherheit. Und im schlimmsten Fall: Rückzug. Denn wenn man das Gefühl hat, egal wie man es macht – es ist falsch, dann wird Schweigen zur bequemeren Option.


Was brauchen Eltern – und was brauchen Lehrer:innen?

Eltern brauchen Transparenz und Respekt, nicht perfekte Antworten. Sie wollen wissen, was ihre Kinder lernen –
nicht um zu kontrollieren, sondern um verstehen und unterstützen zu können. Lehrer:innen brauchen Vertrauen und Handlungsspielraum – nicht ständige Rechtfertigung. Aber Vertrauen entsteht nicht durch Abstand, sondern durch ein konstruktives Miteinander und einem wertschätzenden Dialog.


Was ich mir wünsche

Ich wünsche mir eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe. Keine Bewertung, wer „gute“ oder „schwierige“ Eltern ist.
Sondern einen Raum, in dem Fragen erlaubt sind – und Zuhören genauso wertvoll ist wie Erklären.

Dass Eltern keine Coaches, Therapeut:innen oder Pädagog:innen sein müssen, um gesehen zu werden.
Sondern einfach Eltern. Menschen, die ihre Kinder lieben – und manchmal schlicht Orientierung brauchen. So wie ihre Kinder auch.


Fazit

Elterliches Engagement sollte nicht bewertet werden, sondern eingebunden.

Nicht jedes Gespräch ist Einmischung.
Nicht jede Frage ist Kritik.
Und nicht jeder Fehler im Verhalten ein Zeichen von Desinteresse.

Was wir brauchen, ist mehr Verständnis für die Grauzonen.
Mehr Offenheit für echte Begegnung.
Und ein Bildungssystem, in dem Zusammenarbeit nicht als Ideal plakatiert wird – sondern gelebt werden darf.

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